Muster schneiden - ein Kunstwerk findet seine Formen
Praxispanel II
Muster verwebt drei Zeitabschnitte zu einer kunstvollen Montage, die die geschichtliche Komplexität des ehemaligen Benediktinerklosters Breitenau in Nordhessen thematisiert: 1945 als Arbeitserziehungslager bei der Befreiung durch U.S.-Soldaten, 1970 als Mädchenerziehungsheim während fiktiver Dreharbeiten zu Ulrike Meinhofs Bambule, sowie später als Gedenkstätte bei der Exkursion einer Schulklasse. Bei der dOCUMENTA (13) wurde diese Arbeit als Installation auf drei Leinwänden gezeigt, 3sat strahlte eine 77minütige Langfilmfassung aus. Während die installative Variante drei Filme – einer zu jeweils einem Zeitraum – gleichzeitig projiziert und entsprechende Wahrnehmungs-Schnittstellen auf Bild- und Tonebene herstellt, galten für die lineare Schnittfassung andere Paradigmen. Wesensbildend für beide Versionen ist das Spiel mit Formaten zwischen Dokument und Fiktion, doch während in der Multikanalarbeit die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Ebenen im Raum den experimentellen Charakter stärkt, spielt die Langfilmvariante eher mit Brüchen in der Rezeptionsgewohnheit von Formaten wie dem sogenannten Dokudrama.
Über die unterschiedlichen Herausforderungen in der Montage beider Fassungen und über personale Aufgabenteilung und Ergänzungen im Montageprozess werden Künstler/Filmemacher Clemens von Wedemeyer und Editorin Janina Herhoffer praxisnah anhand von Filmausschnitten Aufschluss geben, über die Wahrnehmungsebene der beiden verschiedenen Versionen von Muster diskutieren sie mit Dr. Barbara Engelbach vom Museum Ludwig.
Clemens von Wedemeyer
Clemens von Wedemeyer studierte von 1996 bis 1998 Fotografie und Medien an der Fachhochschule Bielefeld sowie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo er von 2002 bis 2005 Meisterschüler bei Prof. Astrid Klein war. Seine Filme und Installationen wurden auf internationalen Festivals und Ausstellungen gezeigt, darunter Big Business (2002), Otjesd (2005) oder The Fourth Wall (2008-2010). Für seine Arbeit wurde Clemens von Wedemeyer mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, etwa 2002 mit dem VG BILD-KUNST Award für Experimentalfilm und Videokunst, 2005 in Bremen mit dem Kunstpreis Böttcherstrasse und 2006 mit dem Hauptpreis im Deutschen Wettbewerb der Kurzfilmtage Oberhausen. 2013 ist er für den Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom eingeladen. Zurzeit lebt und arbeitet er in Berlin.
Janina Herhoffer
Janina Herhoffer ist seit 2001 als freiberufliche Editorin und dramaturgische Beraterin für Spiel-, Dokumentar- und Videokunst-Projekte tätig. 2002 machte sie eine Montage-Weiterbildung an der ifs internationalen filmschule köln; 2003 studierte sie Montage an der HFF Konrad Wolf. Als Editorin zeichnete sie verantwortlich für den Schnitt an Clemens von Wedemayers Videoprojekt The Fourth Wall, das 2009 im Londoner Barbican Museum und 2010 auf der Kunstfilmbiennale präsentiert wurde. Mit dem Künstler arbeitete sie auch an Muster, das 2012 als Installation auf der dOCUMENTA und in einer Fernsehfassung auf 3sat gezeigt wurde. Für Laura Horelli schnitt sie 2009 das Video Haukka-Pala, gezeigt auf der KunstBiennale Venedig und in der Temporären Kunsthalle Berlin sowie 2011 The Terrace, präsentiert im KIASMA, Museum für Moderne Kunst Helsinki. Mit dem Künstler Tobias Zielony arbeitete sie an dem Super 8-Film The Deboard, der 2008 bei CPH:DOX sowie 2009 in Locarno und im MMK Frankfurt Museum für moderne Kunst lief, und an seinem Stop-Motion-Kurzfilm Vele. Sie schnitt Zoran Solomuns Kino-Dokumentarfilm Super Art Market (2008) und Nicolas Wackerbarths Spielfilm Unten, Mitte, Kinn von 2010. 2009 legte sie mit dem Dokumentarfilm es sind noch Berge draussen der auf der Duisburger Filmwoche und beim Achtung Berlin Festival gezeigt wurde, ihre erste Arbeit als Regisseurin vor.
Dr. Barbara Engelbach
Barbara Engelbach studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Kulturwissenschaften in Freiburg und Hamburg. 1997 promovierte sie in Hamburg über Performance Art, Fotografie und Videokunst. 1997 bis 1999 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Westfälischen Landesmuseum, Münster und 1998 Mitkuratorin der Skulptur-Biennale im Münsterland 1999. Von 1999 bis 2004 leitete sie das Museum für Gegenwartskunst Siegen. Seit Mai 2004 ist sie als Kuratorin am Museum Ludwig, Köln verantwortlich für den Sammlungsbereich zeitgenössische Kunst mit Fotografie Video, Film und neue Medien. Sie ist Mitbegründerin des Filmforum NRW und für das Museum Ludwig im Vorstand des 2005 gegründeten Vereins, der mit sechs Mitgliedern das Kino im Museum Ludwig bespielt.
Muster schneiden - ein Kunstwerk findet seine Formen
Montag, 26. 11.2011, 13:30 Uhr
im Filmforum im Museum Ludwig
In Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien (KHM).